8. Oktober 2021

Ein Herz für Pflanzen und Tiere

Sie kümmern sich um Haselmaus und Rotmilan, pflanzen Knicks und besorgen Schafherden: drei Mitarbeiter aus dem Team Natur- und Artenschutz bei Prokon berichten.

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Der Hilferuf kam aus Mecklenburg-Vorpommern: Nahe des geplanten Prokon-Windparks bei Granzin ist ein Horst des Rotmilans entdeckt worden - ein Fall für Melanie Schindler, die von Potsdam aus den Natur- und Artenschutz für Prokon in den östlichen Bundesländern verantwortet.

 „Weil der Horst in der Nähe der geplanten Anlagen liegt, müssen Ablenkungsflächen geschaffen werden“, sagt die Projektkoordinatorin. 

Im konkreten Fall hat Melanie Schindler mit einer Grundeigentümerin vereinbart, dass eine ihrer Flächen zukünftig nicht mehr intensiv bewirtschaftet, sondern in eine Ackerbrache umgewandelt wird. Hier sehen die Rotmilane ihre Beute besser, das lockt sie an. Gleichzeitig bleiben die Vögel den Rotoren fern und geraten nicht in Gefahr. Melanie Schindler ist eine von drei hauptberuflichen Natur- und Artenschützer:innen bei Prokon. Ihre Aufgabe: Der Ausgleich der zum Bau von Windenergieanlagen notwendigen Eingriffe in die Natur. Sie sind schon in der Planungsphase neuer Anlagen involviert, beauftragen Gutachten und vereinbaren Ausgleichsmaßnahmen für den Flächenverbrauch sowie Schutzmaßnahmen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Wenn es um die Realisierung geht, sorgen die Prokon-Umweltschützer:innen dafür, dass Fachfirmen die Maßnahmen verlässlich ausführen. 

In der Kremper Au fühlt sich jetzt der Fischotter wohl

In fast jedem Projekt taucht irgendwo eine sensible Art auf, und die hat meist Flügel, sagt Janine Friedhoff, die von Itzehoe aus Norddeutschland betreut. 

Zum Beispiel beim Repowering des Windparks Horst in Schleswig-Holstein: „Da gibt es zwei Horste von Weißstörchen in einem Kilometer Entfernung“, erklärt die studierte Naturschützerin und Landschaftsplanerin, die seit fünfeinhalb Jahren für Prokon arbeitet. Zwar sind die Störche mit den alten Windenergieanlagen gut ausgekommen, aber wegen des geplanten Repowerings ändert sich die Landschaft für die Vögel. Deshalb werden auch hier Ablenkflächen geschaffen. Janine Friedhoff lässt mehrere Kleingewässer anlegen, damit die Störche hier ihre Lieblingsfrösche finden. Außerdem wird Grünland mit artenreichem Saatgut bestückt und dadurch ökologisch aufgewertet. Ein Acker wird zudem mit Kleegras eingesät und sehr häufig gemäht. 

Im niedrigen Kleegras können die Störche die Mäuse besser sehen“, erklärt Janine Friedhoff. Ein anderes Projekt dagegen schützt gerade die kleinen Nager. „Die Haselmaus ist eine supersensible Art“, sagt Janine Friedhoff. 

Das Tier ist eigentlich keine Maus, sondern die kleinste Vertreterin unserer einheimischen Bilche, nachtaktiver Nagetiere. Und weil deren Lebensraum immer knapper wird, hat die Artenschützerin beim Windpark Schönwalde-Altenkrempe in Ostholstein knapp 300 Meter so genannter Knicks anlegen lassen. Das sind aufgeschüttete, dicht bepflanzte Erdwälle, die früher im windigen Schleswig-Holstein die Böden vor Erosion schützten, aber heute durch den Trend zu immer größeren Äckern vielerorts verschwunden sind. Dabei bieten diese Knicks Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, auch für die Haselmaus. Neben den neuen Knicks hat Prokon auch einen 600 Meter langen Uferstreifen der Kremper Au in Ostholstein ökologisch aufgewertet. Dazu wurde das Ufer des Flusses abgeflacht, Weiden und Sträucher gesetzt und Nistmöglichkeiten für Insekten gebaut. Durch die Maßnahmen wird der Lebensraum für diverse Fischarten und den streng geschützten Fischotter gefördert. Auch die Menschen profitieren: Sie können sich das naturnahe Gewässer bei einem Spaziergang entlang des neugestalteten Westufers anschauen.

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Bei Prokon aktiv für den Umweltschutz: Melanie Schindler, Janine Friedhoff und Rah Keifenheim (v.l.).

Flächen werden aufgeforstet

Spaziergänger brauchen bei dem aktuellen Projekt von Rah Keifenheim, Prokon-Naturschützer mit Sitz in Mainz, noch etwas Geduld. Der Umweltschutzingenieur hat gerade eine Fläche im Hunsrück, beim Windpark Benzweiler, aufforsten lassen – bis zum beschaulichen Waldspaziergang braucht es noch ein paar wachstumsstarke Jahre. Rah Keifenheim ist für den Natur- und Artenschutz von Prokon in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland zuständig. 

Insgesamt bin ich an rund 30 Projekten beteiligt, an 15 davon recht intensiv“, berichtet Rah Keifenheim. 

Er begleitet Genehmigungsverfahren und beauftragt die Gutachten, die untersuchen, wie Natur und Arten im Umkreis geplanter Anlagen zu schützen sind. Wenn die Genehmigungen vorliegen, sorgt er für die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen. 

„Jedes Projekt hat seine Tücken“, hat Rah Keifenheim schon in seinem ersten Berufsjahr gelernt, „oft haben wir es mit dem Rotmilan zu tun – bezogen auf die Windkraft ist das ein heikles Thema.“ 

Doch bisher hat Rah Keifenheim immer eine Lösung für den Schutz der Vögel gefunden. Um Vierbeiner ging es im Frühjahr bei Melanie Schindler in Sachsen-Anhalt. In der Nähe des Windparks Eilsleben-Ovelgünne hatte Prokon vor vielen Jahren als Ausgleichsmaßnahme eine Streuobstwiese angelegt. Diese war inzwischen von Büschen überwuchert. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt wurden die Birnen-, Kirsch und Pflaumenbäume von verbuschten Gehölzen befreit und werden künftig mit Schafen und Ziegen beweidet, um einer erneuten Verbuschung entgegenzuwirken. 

Ob es um kleine Mäuse oder großflächige Renaturierungen geht: Die Arbeit der drei Natur- und Artenschützer:innen passt zur Prokon-Nachhaltigkeitsphilosophie – jeder Eingriff in die Natur findet seinen Ausgleich.