Interview mit Kabarettist Florian Schroeder

über Nachhaltigkeit und Verbote

Am 2. Juni ist Florian Schroeder im Vorfeld der Generalversammlung exklusiv zu Gast auf dem Prokon-Mitgliedertreffen. Wofür steht der Kabarettist? Was hält er vom Klimaschutz?  Und warum ist ein bisschen Doppelmoral normal? 

Florian Schroeder Speaker02 30X20 Quer@ Frank Eidel

Ein absolutes Programm-Highlight im Rahmen der dies­jährigen Prokon-Generalversammlung wird der Auftritt von Florian Schroeder im großen Veranstaltungszelt auf dem Firmengelände in Itzehoe. Prokon hat den Kabarettisten vorab interviewt.     

Prokon: Herr Schroeder, Sie sind aktuell mit Ihrem Programm „Neustart“ auf Tour. Wie nachhaltig sind Sie unterwegs?

F. Schroeder: Ich fange mit der guten Nachricht an: Ich habe keinen Führerschein und bin an sich leidenschaftlicher Bahnreisender. Ich wünschte, ich könnte auch sagen, dass ich gern Bahn fahre. Das ist aber leider nicht immer der Fall, da andauernd etwas nicht funktioniert. Das kostet mich unfassbar Nerven. Allerdings transportiert mein Tourbegleiter das technische Equipment mit dem Auto – da fahre ich dann auch ab und zu mit. Fliegen kommt dafür seltener vor. 

Gibt es Branchen, für die Sie aus ideologischen Gründen nicht auf­treten würden?

Jede Menge. Ich würde nie zu einer Vereinigung gehen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Außer ich habe mir bewusst eine Nummer überlegt, um sie bloßzustellen. (Anm. d. Red.: Im August 2020 hielt er eine Ansprache auf einer Querdenker-Demo. Das Publikum hielt ihn zunächst für einen Gleichgesinnten, dann konfrontierte er sie auf der Bühne mit ihren Verschwörungstheorien.)

In diesem Jahr haben Sie einen Gastauftritt im Rahmen der Prokon-Generalversammlung. Prokon spielt als Energiegenossenschaft einen aktiven Part bei der Energie­wende. Welchen Stellenwert hat Strom- und Gassparen für Sie?

Ich bemühe mich nach Kräften, die Heizung runterzudrehen. Das fällt mir als Winterhasser nicht leicht. Ihnen gegenüber sage ich: Natürlich drehe ich runter – aus schlechtem Gewissen, mir gegenüber sage ich: aus Geiz. 

Klimaschutz und Kabarett – passt das? 

Es ist oft schwierig, wenn man als Komiker versucht, affirmativ, also zustimmend, zu sein. Denn Komiker suchen ja nach Abgründen, nach Widerhaken, nach dem, was schiefläuft. Rein technisch gibt es wenig Witziges, wenn man sich an die Seite einer richtigen Sache stellt. Das kann man machen – aber dann ist man ganz schnell beim evangelischen Kirchentag. Um es mit Hegel zu sagen: Die Philosophie sollte sich hüten, erbaulich zu sein. Gleiches gilt für die Komik.

Kabarettisten und Satiriker über­nehmen aber immer mehr die Rolle der politischen Aufklärer. Führt das nicht zu inneren Konflikten?

Ich finde es prinzipiell gut, dass die Satire die Nähe zum Journalismus gesucht hat. Weil es gut ist, dass es Künstler gibt, die bittere Medizin auf Zuckerstückchen servieren können – und damit auch Menschen errei­chen, die sich sonst nicht für bestimmte Themen interessieren oder wenig Nachrichten schauen. Aber es bleibt ein Balanceakt, als Sati­ri­ker nicht in die Rolle des Pre­digers abzudriften.

Welchen Umgang haben Sie sich für das Thema Klimakrise in Ihrem Programm „Neustart“ überlegt?

Ich versuche, dabei nicht so zu tun, als sei ich ein Experte in Sachen Klimakatastrophe. Sonst gibt es zu den 82 Millionen Virologen und Rüstungsexperten auch bald 82 Mil­lionen Klimaexperten. Das ist albern. Ich finde es viel interessanter, sich über die Doppelmoral der Leute lustig zu machen, zu schauen, was die Letzte Generation macht, wie es bewertet wird, um die Leute an­schließend mit ihren eigenen Ambivalenzen zu konfrontieren. 

Worauf spielen Sie an?

Entscheidend ist die Verlogenheit, die in dem Thema steckt: braves Kopfnicken und viele Absichtserklärungen, aber dann gegen die eigenen Absichten handeln. Ich sage auf der Bühne: Ich bin radikal fürs Tempolimit, aber eben nur tagsüber, denn nachts fahre ja ich. Das sieht man auch sehr schön in der Debatte um zwei Mitglieder der Letzten Generation, die nach Thailand geflogen sind. Hier wird von der Bild-Zeitung, die nicht mal Bali von Thailand unterscheiden kann, der große Moralhammer herausgeholt. Die Reise ist natürlich kein Widerspruch zum Klimaschutz. Die Doppelmoral derer herauszustellen, die anklagen – da wird es spannend für mich.  

Sind wir denn nicht alle Heuchler?

Absolut – und das gehört dazu! Die Alternative wäre ein absolutistisches Weltbild, in dem jeder an seiner höchsten Konsequenz gemessen wird. Und dann sind wir in einer totalitären Welt, die keiner will. Die Doppelmoral ist also an sich nicht das Problem, sondern der Umgang damit. Die Frage ist, ob wir zulassen können, dass Menschen widersprüchlich sind und es nicht nur absolute Werte gibt, die strikt einzuhalten sind.

Der Klimawandel lässt sich ohne persönlichen Verzicht nicht auf­halten. Vielen fällt das aber schwer. Muss der Staat da nicht mehr machen?

Schroeder: Verbote finde ich schwierig, weil dann alles schnell so einen neoautoritären Drift kriegt. Ich bin eher ein Fan davon, wenn man Menschen positive Eigenverantwortung zutraut. Natürlich nicht die Eigenverantwortung, die die FDP meint: „Wir lassen alles laufen, und jeder macht, was er will.“ Ganz ohne Regeln geht es nicht. Wenn der Staat Menschen dabei unterstützt oder motiviert, das hoffentlich Richtige zu tun, sind gesetzliche Regularien natürlich sinnvoll und notwendig. Und freiwilliges Engagement – worauf ja auch Prokon setzt – befürworte ich sowieso. 

Worauf können Sie denn fürs Klima verzichten?

Spontan würde ich sagen: auf ziem­lich viel. Und wenn ich ehrlich in mich reinhorche? Dann doch auf weniger, als ich dachte.

Florian Schroeder

Florian Schroeder (43) gehört zu den führenden Kabarettisten Deutschlands und ist Moderator verschiedener TV-Sendungen. Sein Markenzeichen: Wie kein Zweiter verbindet er die messerscharfe Beobachtungsgabe eines Komikers mit der analytischen Schärfe eines Philosophen. Das Multitalent betätigt sich außerdem erfolgreich als Buchautor, Kolumnist, Podcast-Betreiber und ist regelmäßiger Gast in verschiedenen Sendungen wie „hart aber fair“, Maischberger oder der NDR Talk Show. Derzeit ist Schroeder mit seinem Programm „Neustart“ auf Tournee. Prokon holt ihn am 2. Juni nach Itzehoe, wo er im Vorfeld der General­versammlung auftritt. Anmeldungen sind ab Anfang April über das Mitgliederportal möglich.
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